Sonntag, 3. August 2008

Training, Training, Training

In Vorbereitung auf unsere „Big Tour“ habe ich natürlich einige Wanderungen in der näheren Umgebung des Wohnortes unternommen, von denn eine mit in dieses Reisetagebuch einfließen soll:

31.05.2008 Wanderung zum Aileswasensee

Nachdem ein geplanter, dienstlicher Wochenendeinsatz kurzfristig abgesagt worden war und ich daher diese Tage sowieso hätte allein verbringen müssen, da Eric mit dem Blasmusik-Orchester auf einem Probenwochenende unterwegs war, habe ich ganz einfach den Entschluss gefasst, das erste mal überhaupt mit voller Ausrüstung – also auch Schlafsack, ISO-Matte usw. auf Wanderschaft zu gehen.
Dazu hatte ich mir im Internet ein Ziel gewählt. Einzige Bedingungen: An einem See sollte sich dieses Ziel befinden und es sollte in einer Entfernung von 20-25 km liegen. Also in etwa einer Distanz, welche wir für unsere Trekkingtour als tägliche Strecke abgesteckt hatten.
In diesem Zusammenhang bin ich dann auf eine Web-Seite gestoßen, auf welcher in mühevoller Kleinarbeit viele Seen Deutschlands mit Lagebeschreibung, Anfahrts- oder Wanderwegen, Bademöglichkeiten, gastronomischer Versorgung usw. katalogisiert worden sind. Diese Seite ist echt eine Bereicherung und ich werde mich möglicherweise dort noch öfter informieren.

Meine Wahl fiel dann auf den Aileswasensee, einem kleinen See in Ortsrandlage von Neckartailfingen. Die Entfernung entsprach mit etwas mehr als 20 km genau meinen Vorstellungen. Gegen 12:00 Uhr zu Mittag bei strahlendem Sonnenschein führte mich meine Tour über Denkendorf, Neuhausen, Wolfschlugen und Grötzingen nach Neckartailfingen. 16:30 hatte ich dann mein Ziel erreicht. 4½ Stunden inklusive einer ½ Stunde Pause in Neuhausen – also etwa auf halber Strecke – ergeben eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 5 km / Stunde. Guter Schnitt also, dennoch bin ich erst mal über mich selber etwas erschrocken. Mir war nicht bewusst, dass ich mir selbst ein solches Marschtempo vorgegeben hatte.

Meine erste Handlung nach Ankunft am See war natürlich, bei den verantwortlichen Mitarbeitern vorzusprechen. Dieses wäre nicht notwendig gewesen, wenn ich dort nur hätte Rast machen oder baden wollen. Da ich aber vorhatte, da am See oder in dessen Nähe zu nächtigen, erschien es mir schon wichtig, den „Instanzenweg“ einzuhalten. Keinesfalls wollte ich in Schwierigkeiten geraten oder Unstimmigkeiten hervorrufen, durch dass ich unerlaubt irgendwo mein Lager gerichtet hätte und gegebenenfalls dann durch Kontrollen bei der Obrigkeit in Ungnade gefallen wäre. Deutsche Bürokratie halt……….
Wenn ich aber geahnt hätte, welche Schwierigkeiten sich da auftun, weil keiner der anwesenden – weder der Betreiber des örtlichen Sportvereins-Heimes noch Platzwart und Kioskbetreiber oder verantwortliche DLRG-Mitglieder sich befähigt sahen, mir einen Schlafplatz zuzuweisen, ich hätte diesen Versuch der Kontaktaufnahme niemals unternommen und wäre lieber das Risiko eingegangen, bei Nacht mein Lager schnell abzubrechen und an anderer Stelle wieder zu errichten. Einen solchen geballten Ansturm von Bürokratismus habe ich selten erlebt.
Und so habe ich denn meinen Rucksack wieder aufgeschnallt und bin am See ein Stück weiter gezogen. Das sich in weiterer Entfernung befindende Waldgrundstück schien mir geeignet, mein Nachtlager zu errichten. Und das wurde dann auch gleich in die Tat umgesetzt, da ich hundemüde war und eigentlich nichts stärker herbei sehnte als die Ruhe und meinen Schlaf. Selbst der Hunger meldete sich zu diesem Zeitpunkt nicht, obwohl ich auf Grund der langen Strecke eigentlich hungrig wie ein Wolf hätte sein müssen. Was ich allerdings nicht geahnt hatte, war die Tatsache, dass an dieser Stelle im Wald an Schlaf so gut wie nicht zu denken war. Grund waren eine größere Anzahl Stechmücken, welche sich meines Körpers annahmen. Alle Abwehrversuche waren erfolglos und obwohl ich auf Grund dessen sogar für diese eine Nacht ein stärkeres Schwitzen in Kauf genommen hätte, half selbst das Zuziehen des Schlafsackes recht wenig, Auch am Gesicht hatten diese Biester immer noch genügend Angriffsfläche. Und ich hatte für diese Tour an vieles gedacht, nur ein geeignetes Mückenschutzmittel hatte ich vollkommen vergessen. Es blieb mir also letztlich nichts anderes, als mir um etwa 22:30 Uhr meine Niederlage gegenüber dieser Übermacht einzugestehen und meinen Platz zu räumen. Nur gut, dass ich meine Stirnlampe dabei hatte. So habe ich wenigstens bei einigermaßen guter Beleuchtung packen können. Was mir in diesem Zusammenhang auch erst im Nachhinein eingefallen ist, ist die Möglichkeit, dass es in diesem Grundstück neben der Mückenplage ja durchaus auch größeres Getier hätte geben können. Beispielsweise hatten wir ja grade Frischling-Zeit. Was wäre also gewesen, wenn ich urplötzlich einer Bache gegenübergestanden hätte? Ich mag diesen Gedanke gar nicht zu ende denken. Vielleicht hatte das Ganze sogar etwas gutes, dass mich die Mückenplage von diesem Ort vertrieben hat.

Wo aber jetzt einen anderen geeigneten Schlafplatz finden? Den Weg zurück zum See hatte ich noch im Gedächtnis und so konnte ich die etwa 2 km selbst bei fast vollkommener Dunkelheit – durch die Stirnlampe nur die jeweils vor mir liegenden etwa 10m relativ gut ausgeleuchtet - unbeschadet zurücklegen. Dort angekommen fiel mir auf, dass in unmittelbarer Ufernähe mehrere Zelte errichtet waren und auch nur einzelne Schlafsäcke lagen, in welchen ganz offensichtlich übernachtet wurde - trotz der eindeutigen Hinweis- und Warnschilder, welche mehrfach um den kleinen See herum aufgestellt waren und auf welchen eindeutig darauf hingewiesen wurde, dass Zelten, Camping, Nächtigen usw. in diesem Gebiet verboten war. Aber selbst eine Patrouille eines Security-Dienstes, welche um diese Zeit ihren Rundgang absolvierte, schien dies nicht im Geringsten zu interessieren. Wozu hatte ich eigentlich bei meiner Ankunft einen derartigen, erfolglosen Aufwand betrieben? Für mich war spätestens in diesem Moment klar, dass ich nun ohne jegliche Rücksicht an einer mir passenden Stelle meinen Schlafsack ausbreiten und mich zur Ruhe legen würde.

Aber auch das war gar nicht so einfach wie gedacht. Ich wollte vermeiden, dass ich morgens – sollte ich wider erwarten doch etwas länger schlafen – von den ersten am See eintreffenden Badegästen irgendwo am Wegesrand gefunden wurde. Wie ein Wohnungsloser wollte ich denn doch nicht erscheinen. Also blieb nichts anderes, als wieder weiter zu ziehen und zu suchen. Eine Wiesenfläche, etwas verdeckt durch üppigen Heckenbewuchs und als Begrenzungsfläche einer zu der Zeit nicht genutzten Parkfläche für PKW erschien mir als das geeignete Nachtlager. Inzwischen war es auch schon 00:30 Uhr und mein Körper verlangte nach seinem Schlaf. Der Himmel war zu dieser Zeit sternenklar und es war also auch nicht zu befürchten, dass ich nachts von einem Regenschauer überrascht werden würde. Dennoch hatte ich darauf geachtet, dass eine geeignete Unterstellmöglichkeit sich in unmittelbarer Nähe befand. ISO-Matte und Schlafsack waren schnell hergerichtet, Stiefel ausgezogen und so wie ich war, verkroch ich mich in meinem Schlafsack. Mir war egal, ob ich schwitzen würde oder nicht. Ich wollte nur noch eines – schlafen. Noch ein paar Mal bin ich leicht aufgeschreckt, da wider erwarten selbst um diese Zeit PKW auf diesen Parkplatz auffuhren, deren Fahrer mich aber auf Grund der versteckten Lage hinter der Hecke nicht sehen konnten. Ich habe die Fahrzeuge aber am Lichtkegel der Scheinwerfer wahrgenommen. Es konnte gut sein, dass es sich bei diesen um Fahrzeuge eines Wachdienstes handelte. Letztlich interessierte mich das aber nicht mehr. Es dauerte nicht mehr lang und der Schlaf überkam mich…….

So gegen 05:00 Uhr am Sonntagmorgen erwachte ich dann und musste mich erst einmal orientieren, wo ich mich des Nachts eigentlich niedergelassen hatte. Ich war der festen Überzeugung, hinter meiner Hecke von niemandem gesehen zu werden, dennoch sah ich mich, nachdem ich mich auf die andere Seite gedreht hatte, plötzlich einem PKW gegenüber liegen. Ich hatte mich also, ohne das noch bewusst wahrzunehmen, nur auf die andere, gegenüber liegende, durch die Hecke verdeckte Parkfläche gelegt. Ob mich da jetzt doch jemand, insbesondere der Fahrer des geparkten PKW, wahrgenommen hatte, kann ich nicht sagen. Das war mir zu diesem Zeitpunkt aber dann auch vollkommen gleichgültig. Ich hatte recht gut geschlafen. Nur das war wichtig.
Nach einem ganz kurzen Bad im doch noch recht kalten See und einem kleinen Frühstück aus meinem Reiseproviant habe ich mir dann meinen Rucksack wieder aufgeschnallt und bin Richtung Heimat getrottet. Auf diesem Rückweg hatte ich aber auch das erste Mal Zweifel, ob ich dieses Ungetüm von Rucksack jetzt wirklich wieder heim schleppe oder mir doch lieber den Bus nehme und zumindest einen Teil der Strecke fahre. Ich habe mich dann doch für das Schleppen entschieden. Durchhalten war angesagt. Schließlich werde ich mich auf unsrer Tour auch nicht zurückziehen können. Dort muss ich….. Also muss ich auch hier…….. In sengender Hitze, mit zur Neige gehendem Getränkevorrat, Schmerzen im Rücken und den Füßen komme ich dann so gegen 12:30 Uhr wieder daheim an. Was tue ich mir eigentlich in dem Alter noch an? Und warum? Sofort aber ist mir Schweden wieder im Kopf und die Frage beantwortet sich von ganz allein. Zumindest habe ich mal einen kleinen Einblick bekommen, was mich auf dieser Schweden-Tour so erwartet. Ein Zuckerlecken wird das bestimmt nicht. Mit Sicherheit wird es anstrengend aber dennoch schön.

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